Weekly, KW 35
Guten Abend aus der rethink-Redaktion.
Unser Fokus am dritten September: Die Zukunft der Nummer 2 in der Schweizer Bankenwelt und Putsch Nummer 2 in Afrika innert kürzester Zeit. Ausserdem haben wir noch zwei kurze Meldungen für dich. Schön bist du heute mit dabei.
Die Nummer 2 ist definitiv Geschichte.
Am Donnerstag gab die UBS ihre Pläne mit der im Frühling übernommenen Credit Suisse bekannt. Das Ergebnis: Die CS Schweiz wird vollständig aufgelöst und in die UBS integriert. 2024 sollen die Rechtseinheiten der UBS Schweiz und CS Schweiz zusammengeschlossen werden. Die Marke CS wird mindestens bis 2025 in der Schweiz weiter bestehen. Bis dann ist die Integration der Kund:innen auf die neuen Systeme abgeschlossen. Damit hat die Schweiz in Zukunft nur noch eine international tätige Grossbank.
Hintergrund:
Alternativen zur vollständigen Integration der CS in die UBS habe es keine gegeben, wie die UBS mitteilte. Das Geschäft der CS sei in den vergangenen Wochen fast vollständig zum Erliegen gekommen. Die Bank hat im zweiten Quartal einen Vorsteuerverlust von 8.9 Milliarden Dollar erzielt. Global betrachtet zogen die CS-Kund:innen im Zeitraum von April bis Juni netto 39.2 Milliarden Franken an Kundengeldern ab, wie die UBS bekannt gab. Gleichzeitig hat die UBS im zweiten Quartal 2023 einen Reingewinn von 29 Milliarden Dollar gemacht. Ein Rekordergebnis.
Was jetzt passiert:
Milliardengewinne bei der UBS, Verluste bei der CS. Und in Zukunft nur noch eine Grossbank für die Schweiz. Mit der Integration hat sich die UBS einen Sparkurs von 10 Milliarden Dollar bis Ende 2026 auferlegt und wird rund 3’000 CS-Stellen abbauen. Gut zwei Drittel des Stellenabbaus werden alleine den Finanzplatz Zürich treffen, da dort beide Banken stark präsent sind. Die erste Kündigungswelle sei bereits im Herbst zu erwarten. Der Sozialplan sehe eine einjährige Coachingphase vor, in dieser Übergangszeit könnten sich die betroffenen Mitarbeitenden weiterbilden lassen oder auch intern eine Anschlusslösung suchen. Christian Zünd, Geschäftsführer des Kaufmännischen Verbands Schweiz, hatte Einblick in den Sozialplan und sagte gegenüber dem Tages-Anzeiger: “Ich kenne andere Pläne, die viel knapper ausgestattet sind.” Details dürfe er keine nennen, aber es stünden ein hoher Betrag pro Person für Weiterbildungen zur Verfügung sowie hohe Entschädigungen und längere Kündigungsfristen. Die UBS gehe davon aus, dass sie etwa die Hälfte der entlassenen Personen intern wieder anstellen könne, so Zünd weiter.
Bessere Nachrichten gibt es derweil für die Lernenden der beiden Banken. Bereits im April kommunizierten CS und UBS gegenüber den Eltern, dass alle bestehenden Lehrverhältnisse übernommen und zu Ende geführt werden. Zudem hat die UBS zugesichert, dass sie in den nächsten Jahren ungefähr die gleiche Anzahl Lernende ausbilden wolle, wie die beiden Banken bisher zusammen. Allein bei der Credit Suisse sind zurzeit 326 Auszubildende angestellt.
Fortgeführt werden sollen auch die Sponsoringverträge, die die Credit Suisse mit verschiedenen Kultur- und Sportinstitutionen hat. Mindestens bis Ende 2025 bestätigte UBS-Chef Sergio Ermotti.
Die neue Schweizer Grossbank UBS ist zwar nicht grösser als sie vor der Finanzkrise 2008 schon einmal war. Aber es ist die letzte Grossbank der Schweiz. Käme sie in Not, gäbe es keine andere Schweizer Bank mehr, die sie übernehmen könnte. Man müsste die UBS fallen lassen und abwickeln - oder verstaatlichen oder an eine ausländische Grossbank verkaufen. Der Zusammenbruch der einzig verbleibenden Grossbank UBS würde der Schweizer Volkswirtschaft enormen Schaden zufügen. Darum hat der Bundesrat bereits im Frühling eine Expertengruppe “Bankenstabilität” eingesetzt. Sie hat untersucht, inwiefern die bestehenden Regeln der Schweiz für systemrelevante Grossbanken ausreichen und wo es Lücken gibt.
Am Freitag hat die Gruppe ihre Empfehlungen präsentiert. Dabei steht die Finanzmarktaufsicht (Finma) im Zentrum. Sie soll mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden - ähnlich wie ausländische Aufsichtsbehörden. Unter anderem soll die Finma organisatorische Änderungen bei Grossbanken vorzeitig anordnen können, um eine Bank frühzeitig sanierungsfähig zu machen. Weiter soll die Aufsichtsbehörde die Öffentlichkeit früher über angeordnete Massnahmen informieren dürfen. Dieses “Naming and Shaming” ist im Ausland gang und gäbe. Damit kann Druck auf das Management einer Bank ausgeübt werden. Aber auch die Schweizerische Nationalbank SNB solle von ihrer eher konservativen Haltung bei den geforderten Sicherheiten abweichen, fordert die Kommission. Sie solle mehr Finanzinstrumente als Sicherheit akzeptieren, damit eine Bank einfacher zu mehr Liquidität kommt, bevor sie in Engpässen steckt - wie es bei der CS der Fall war. Positiv bewertet die Expertengruppe die Kommunikation zwischen Finma, SNB und Finanzdepartement. Sonst wäre die Notübernahme über das geschichtsträchtige Wochenende im März nicht möglich gewesen.
Der Ball geht nun nach Bundesbern. Inwiefern Parlament und Bundesrat rechtliche Änderungen aufgrund des Berichts der Expertengruppe vornehmen, wird sich zeigen müssen.
Putsch Nr. 2 in Afrika
Die Entscheidung, welche Themen wir hier im Weekly präsentieren, ist nicht immer eine einfache. Dass vergangenes Wochenende im zentralafrikanischen Staat Gabun Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfanden, war uns letzten Sonntag zu wenig berichtenswert. Denn seit über 50 Jahren sitzt die gleiche Familie an der Macht. Dass Ali Bongo Ondimba nach 2009 und 2016 mit zwei Dritteln der Stimmen zum Präsidenten wiedergewählt wurde, war also vorhersehbar. Dass jedoch kurz nach Bekanntgabe des Resultats eine Gruppe hochrangiger Offiziere verkündete, sie habe die Macht im Land übernommen und die Bongo-Regierung gestürzt, kam eher überraschend.
Hintergrund:
Nach den Wahlen kam es zwar zu Unruhen im Land, das Internet wurde gekappt, es gab eine Ausgangssperre und internationale Medien wurden suspendiert. Doch der Putsch kam unerwartet. Besonders weil es zuvor in Gabun noch nie einen erfolgreichen Militärcoup gegeben hatte, wie Anna Lemmenmeier, Afrika-Korrespondentin von Radio SRF, kommentierte.
Am Donnerstagmorgen verkündeten die Militärs rund um General Brice Oligui Nguema die Wahlen als nicht glaubwürdig und annulliert. Die Männer, die sich unter dem Namen “Comité pour la transition et la restauration des institutions” zusammengetan haben, bestehen aus Vertretern des gesamten Sicherheitsapparates in Gabun: Militär, Polizei und der Präsidentengarde. Sie ernannte Oligui Nguema als Übergangspräsidenten. Als Begründung für den Putsch nannten die Militärs die unverantwortliche Regierungsführung unter Staatschef Ali Bongo Ondimba, die zu einem stetigen Verfall des sozialen Zusammenhalts geführt habe.
Höchstes Pro-Kopf-Einkommen Afrikas:
Gabun ist sehr ölreich und hat vergleichsweise eine kleine Bevölkerung. Das Pro-Kopf-Einkommen von rund 8’000 Euro ist laut der Weltbank das höchste auf dem afrikanischen Festland. Gleichzeitig ist das Einkommen massiv ungleichmässig verteilt. Etwa ein Drittel der 2.3 Millionen Menschen lebt unter der Armutsgrenze. Präsident Bongo indes liegt im CNN-Ranking der reichsten Staatschefs in Afrika nur hinter dem marokkanischen Präsidenten auf Platz zwei. Die Bevölkerung Gabuns schien sich am Donnerstag über den Putsch und die Absetzung Bongos zu freuen. In der Hauptstadt Libreville versammelten sich hunderte Menschen, die hupend durch die Strassen fuhren und “Gabun ist befreit!” und “Bongo raus” riefen. Für die Menschen fühlt sich nach 50 Jahren Bongo-Dynastie und mutmasslich gefälschten Wahlen jeder Wandel als Befreiung an. Auch wenn die Probleme mit einem Putsch nicht gelöst sind.
Was jetzt passiert:
Ob den Putschisten wirklich daran gelegen ist, faire Wahlen abzuhalten und die demokratischen Institutionen zu stärken, steht auf einem anderen Blatt. Zum einen haben Militärcoups in der Geschichte Afrikas selten zu einer Demokratisierung eines Landes geführt. Eine Ausnahme jüngeren Datums ist der Putsch von 2014 in Burkina Faso. Die 2015 und 2020 demokratisch gewählte Regierung wurde jedoch bereits 2022 wieder durch das Militär gestürzt.
Zum anderen sind die engen Bande führender Putschisten zur Familie Bongo nicht zu übersehen. General Brice Oligui Nguema, der nun als Interimspräsident vereidigt werden soll, ist ein Cousin von Ali Bongo. Die Opposition in Gabun wittert eine “Palastrevolution”, einen Schein-Coup. Die Familie Bongo wolle nur ihren Repräsentanten austauschen, um der Bevölkerung vorzumachen, dass es einen Wandel gebe und um ihre Macht zu sichern, sagte der unterlegene Präsidentschaftskandidat Albert Ondo Ossa. Im internationalen französischsprachigen Fernsehsender TV5 Monde erklärte er: “Oligui Nguema ist nur ein Handlanger. Hinter ihm steht der Bongo-Clan, der sich an der Macht hält.”
2 weitere Nachrichten der Woche in Kurzform.
Schweiz unterstützt Griechenland:
Am Samstag sind drei Helikopter der Schweizer Armee Richtung Griechenland abgehoben. Die Super Puma sollen in der Region rund um die Stadt Alexandroupolis bei Löscharbeiten von Waldbränden mithelfen, wie das eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) mitteilte. Bereits am Freitagnachmittag hätte sich ein Einsatzteam auf den Weg nach Griechenland gemacht. Darin vertreten sind Angehörige des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe und Fachleute der Armee. Insgesamt werden rund 30 Schweizer Expert:innen im Einsatz stehen. Griechenland kämpft diesen Sommer gegen mehrere, heftige Waldbrände. Die Regierung in Athen hat die internationale Gemeinschaft um Hilfe bei den Löscharbeiten aufgerufen.
Bewegung in der Panzerfrage (der zweiten, nicht die Sache mit der Ruag):
Nach dem Nationalrat will auch die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates 25 stillgelegte Panzer der Schweizer Armee ausser Dienst stellen. Damit würde der Weg frei gemacht, die Fahrzeuge zurück an den deutschen Hersteller Rheinmetall zu verkaufen. Bei diesem Geschäft geht es um Panzer, die der Schweizer Armee gehören und derzeit in der Schweiz eingelagert sind, nicht zu verwechseln mit den Wirrungen um die Leopard-1-Panzer die, die Ruag in Italien gekauft hat.
Ist sich nach der vorberatenden Kommission auch der gesamte Ständerat einig, dass die Armee auf diese Panzer verzichten kann, hat der Bundesrat das letzte Wort über den Verkauf. Der Mehrheit in der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates scheint der Rückverkauf an den Hersteller auch aus aussen- und sicherheitspolitischer Sicht sinnvoll - insbesondere, weil damit ein positives Signal an die europäischen Partner der Schweiz gesendet würde. Laut Bundesrat versicherte die deutsche Seite, dass die Panzer nicht in die Ukraine gehen würden. Vielmehr würden sie in Deutschland oder anderen EU- oder Nato-Staaten bleiben und Lücken in den dortigen Beständen auffüllen.
Redaktionsschluss: Samstag um 12:00
Weekly 35/2023
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